Auf dieser Seite stelle ich mich und mein Ostsee-Segel-Projekt vor.
Kurz und knapp: ich habe vor dieses Jahr mit meinem Segelboot einmal um die Ostsee zu fahren. (Für alle "Nichtblogger", es wird von unten nach oben gelesen! Und ihr könnte auch gerne Kommentare schreiben!)

Samstag, 31. Juli 2010

Russendisko - die Klischees stimmen, die Vorurteile nicht

Die Russen sind nicht so.
Oder sie können sich gerade in den fünf Tagen, die ich hier bin, erstaunlich gut zusammen reißen, aber das glaube ich eher weniger.

Sie sind reich und arm.
Die letzten zwei Morgende wurde ich von einem grauenhaften Dröhnen geweckt, dass immer näher kam und als es den Geräuschhöhepunkt erreichte mit einem mal aufhörte. Es war ein Hubschrauber. Hier fährt man nicht mit seinem Benz oder Audi in den Hafen zu seiner Motoryacht, genauso wenig wie mit Fahrrad, Bus und erst recht nicht mit der Metro, denn von da aus muss man noch mindestens zehn Minuten laufen. Nein, hier kommt Russe mit Privatheli, der dann auch direkt am Steg hinter den Fahnenstangen parkt. Warum auch nicht.
Der extreme Kontrast sind dann die Kommunalkas, in denen hier anscheinend viele wohnen. Das ist sowas wie eine WG, nur dass in einem Zimmer nicht jeweils eine Person, sondern jeweils eine ganze Familie wohnt. Also fünf Zimmer - fünf Familien. Und wenn man mal nicht gerade die Haupttouristenstraße hoch und runter läuft sieht man all die wunderschönen Häuser, die langsam zerfallen und an Plätzen und Metrostationen stehen alte Frauen, die Beeren oder Obst verkaufen, gerade soviel, wie sie da hin tragen konnten, denn die Rente ist mit 40€ doch ganz schön knapp bemessen und billig ist hier wirklich nichts. Vergleichbar sind die Preise ungefähr mit München oder dem KaDeWe, nur Backwaren sind hier richtig günstig und die haben hier so leckeres Zeug.

Sie haben leckeres Essen.
Ich dachte die Kreativität der Küche beschränkt sich auf Borsch und den Rest des Tages essen sie Krautsalat. Inzwischen ist es mir ziemlich peinlich, dass ich da so überheblich gedacht habe, aber das trifft ja auf die meisten meiner Vorurteile zu.
Natürlich gibt es, wie in jeder Großstadt, auch hier Mc Donald's, aber so wirklich durchsetzten konnte es sich nicht. Stattdessen gibt es an jeder Straßenecke einen "Teremok", im Prinzip das gleiche, nur dass sie sich auf Blinys spezialisiert haben. Das sind so crêpeartige Pfannkuchen, die aber doch anders schmecken und mit dem lustigsten Zeug gefüllt sind - auch Krautsalat und als Suppe gibt es auch Borsch in allen möglichen Variationen, so ganz falsch lag ich also doch nicht. Man kann die Dinger aber auch süß mit Kondensmilch essen. Ich hab's aber noch nie probiert, weil ich nach einem Ding echt voll bin. Dazu gibt es, so wie in allen Skandinavischen Ländern auch: Preiselbeersaft, ganz schön süß, aber einfach nur lecker. Gibt's in Deutschland übrigens bei Ikea, aber der schmeckt nicht so gut. Als Alternative kann man auch Kvass trinken, wenn man doch nicht so auf süß steht. Das haben wir uns aber erstmal nicht getraut zu kaufen,  denn die Zubereitung schreckt erstmal ab: es ist ein Gebräu aus gegorenem Brot - noch Fragen?! Ich finde es, schmeckt wie Malzbier, nur bitterer, einfach seltsam und gewöhnungsbedürftig, aber auch echt lecker. Wenn die 1,2% Alkoholgehalt vom Kvass nicht reichen, kann man aber auch noch Honigbier trinken, das ich aber noch nicht probiert habe.
Nach zwei Tagen Bliny wollten wir dann gestern doch mal was anderes essen und sind in eins der "Stolle"-Cafés gegangen, die etwas noblere Variante zum "Teremok". Laut Reiseführer sollte es da die besten Piroggen geben. Ob es die besten sind, kann ich nicht beurteilen, weil ich sie das erste Mal gegessen habe, aber verdammt lecker warn'se. Die Dinger sehen aus wie Brote aus Hefeteig, von denen man dann ein viertel bekommt und sie sind mit allem gefüllt: Hackfleisch, Lachs, Kirschen, Preiselbeeren, Käse - also wirklich alles, aber natürlich nicht gleichzeitig.
Dass die Russen eigentlich für Vodka berühmt sind habe ich bei dem ganzen Essenangebot vollkommen übersehen, dass ist uns erst gestern aufgefallen, als wir in einem Getränkeladen vor einer Vodka-Wand standen.

Sie sind schön.
Wenn man dann in die Stadt fährt (wir allerdings doch mit der Metro) und auf dem Nevskij Prospekt aussteigt, dem Ku'damm Petersburgs, steht man unmittelbar in der Chickeria der Stadt und kommt sich selbst vor wie ein Wal. Die Standardfigur der Russinnen ist irgendwas mit 1,80m und 50kg, wenn's hochkommt. Dazu ziehen sie sich an, als würden sie gerade auf eine Party gehen (was gar nicht so unwahrscheinlich ist) und wenn sie dann wirklich auf eine Party gehen, tragen sie das, was bei uns zu 'nem Abiball oder so getragen wird. Ich denke, ihre Schlafanzüge sind meine besseren Alltagsklamotten. Aber wenn man sich daran gewöhnt hat und einfach vermeidet in die eigene Schaufensterspiegelung zu gucken, dann fühlt man sich auch bald nicht mehr wie ein Troll und man sieht, dass es doch auch noch viel mehr normale Menschen gibt.  Bei den Männern finde ich es allerdings genau umgekehrt. Die meisten sehen leider gar nicht toll aus und die abstehenden Ohren und breiten Gesichter sind auch gar nicht mein Fall.

Sie feiern gerne.
OH JA!! Direkt neben dem Yacht Club, in dem wir liegen, gibt es eine Strandbar und eine Open-Air-Disco und die sind an jedem Abend und in jeder Nacht gerammelt voll und weil zwischen halb eins und fünf Uhr morgens keine Metro fährt, wird da auch ordentlich lang gefeiert.
Tagsüber ist es meistens so warm, dass die erträglichen Temperaturen erst mit Sonnenuntergang kommen Das ist so gegen 23 Uhr und dann füllen sich die Straßen und die ganze Stadt wird zu einer Party, an manchen Stellen etwas ruhiger, da sitzen die Leute mit ihren Bier-, Sekt- und Vodkaflaschen auf den Plätzen und in den Parks und an manchen Stellen halt etwas wilder, zum Beispiel hier im Hafen und dabei ist es auch völlig egal, welcher Tag es ist, die feiern einfach immer und wenn sie noch nicht zu besoffen sind und schon früher nach Hause wollen, geht es halt mit dem Privat-Hummer (Auto) nach Hause. Woher das Geld kommt, weiß ich nicht so recht, denn wer bis fünf Uhr morgens weg ist, kann wohl kaum am nächsten Morgen arbeiten.

Sie sind sauber.
In Berlin müssen sich die Petersburger echt unwohl fühlen, denn so dreckig, wie es bei uns ist, sieht es hier höchstens in den Wohnungen von einzelnen, aber nicht auf der Straße aus. Es ist echt auffällig, wie wenig Müll hier rum liegt und das Hafengebäude wird auch mindestens einmal am Tag gewischt.

Sie sind westlich.
Wenn man durch die City läuft, hat man echt das Gefühl in Berlin zu sein, nur die Häuser finde ich ein wenig schöner und die Werbung und Schilder über den Läden sind auffälliger, aber wahrscheinlich nur, weil ja alles in außerirdischen Hieroglyphen geschrieben ist, die, wenn man sie mal entziffert hat, doch nur sowas wie "Telekommunikationscenter" oder "Restaurant" heißen und das wirklich Buchstabe für Buchstabe übersetzt. Aber nicht nur die Häuser auch die Leute sind so normal, dass es einem erst bewusst wird, wenn man es im Reiseführer liest. Klar, die typischen Russen sehen schon schicker aus und so weiter, aber läuft man bei uns durch Halensee kann man auch nicht erwarten, irgendwelche Hippies zu sehen. Aber auch die gibt es hier, man muss nur in den richtigen Ecken suchen.
Den Abend gestern haben wir auf einem Dach in einem Hinterhof verbracht. Wir haben uns natürlich nicht einfach auf irgendein Haus oben drauf gesetzt! Zu der Dachterasse gehört ein Café, das mich vom Aussehen und von den Leuten sehr an die Berliner Öko-Alternativszene erinnert hat. Der Rest des Hauses ist voll von Gallerien irgendwelcher Künstler und Designer - wirklich sehr nett.
Aber so wirklich kann ich gar nicht sagen, was alles westlich ist, eher was auffällt, was es nicht ist.
Zum Beispiel diese supercoolen Zwiebeltürmchen auf Kirchen, aber sonst hält sich das eher in Grenzen und was auch ins Klischee passt: Sie stehen hier alle (ja, natürlich gibt es Ausnahmen) auf schnell und schick.

Sie sind sozial.
Oft reicht ein Job gar nicht aus, um sich sein Leben hier zu finanzieren, deshalb sieht man gegen Abend in den Fußgängerzonen an jeder Ecke Leute ihr Talent zeigen und dabei sind sie ganz schön kreativ. Natürlich gibt es die Gitarrenspieler, wie in jeder Stadt, aber auch Keyboard mit Gesang, Geigen-Bratschen-Trommel Terzette, Akkordeon-Trommel-Gitarre-Gesang-Beatbox-Tanz Gruppen und mein persönlicher Favourit: Gitarren-Gesang-Marionettentheater. Und das tollste ist, die Zuschauer geben auch was. Stehen bleiben eher wenige, aber im Vorbeigehen wirft jeder dritte einen Schein rein.

Und sie sprechen kaum englisch.
Ich würde behaupten, dass 90% kein einziges Wort Englisch sprechen und die übrigen zehn Prozent ja doch eher selten hinter dem Tresen im Imbiss/Restaurant steht, dafür sitzt zum Glück meistens einer davon als Gast  im Restaurant und sobald sie sehen, dass es Verständigungsschwierigkeiten gibt, kommt schon jemand zur Hilfe.
Ich finde das echt auffällig. Jedes Mal, wenn eine der Kassiererinnen oder Kellnerinnen uns komplett verzweifelt anguckt, weil ich zu irgend etwas noch eine Frage habe, hört man im nächsten Moment neben sich in den unterschiedlichsten und lustigsten Akzenten:"Can I help you?", genauso bei Fragen nach Wegen, Bussen oder was man halt braucht, um sich durch eine Fünfmillionenstadt zu kämpfen.

Ich hoffe ich muss es nicht mehr erleben, weshalb einem normalerweise in Bezug auf Russland immer so ein Horror gemacht wird. Ich fühle mich hier super wohl.

Mittwoch, 28. Juli 2010

Russland to go

Ich fahre nach Russland, packe meinen Koffer und nehme mit: ein kaputtes Großfall, zwei kaputte Reffs, keine Positionsleuchten und zwei leere Dieseltanks.
Von Kotka, der letzten Stadt, geht es nach Haapasaari, der letzten Insel, die ungefähr 20 sm von der russischen Grenze entfernt ist. Am Abend reparieren wir noch alles und wollen nochmal tanken, sonst kommen wir nicht weit. Immerhin erklärt uns die Wettervorhersage, dass der Wind anfangs aus Ost kommen soll, also genau von vorne und wir haben nicht besonders Lust diese Überfahrt durch Kreuzschläge unnötig in die Länge zu ziehen.
Aus Tanken wird nichts mehr. Zumindest nicht am Abend, erst am nächsten Morgen, aber das auch erst ab 10 Uhr. Wodurch der Plan, um 6 Uhr morgens loszufahren, auch gleich wieder verworfen wird.
Am nächsten Morgen haben wir dann ordentlich Zeit für das Frühstück und alles und nach dem Tanken fahren wir los Richtung Grenze... bis uns einfällt, dass wir ja noch ausklarieren müssen - also wieder zurück.
Am Land winken uns dann wieder die gleichen, von denen wir uns vor einer halben Stunde verabschiedet haben und wirken etwas verwundert über die Richtung, in die wir fahren.
Um halb zwölf (russische Zeit, das ist nochmal +1) geht es dann aber wirklich los.
Es ist warm, kaum Wind, dafür von vorne und komplett bewölkt, also an sich ein ganz annehmbarer Tag und die Prognose behauptet, dass er noch auf Süd drehen soll. Das macht er dann auch, aber dazu gleich mehr.
Kurz bevor wir über die Grenze fahren, bin ich schon ganz schön aufgeregt, was wohl dann passiert. Manche sagen, man soll sich über Funk anmelden, andere nicht - also was jetzt? Ich hab's einfach mal nicht gemacht. Zumindest nicht gleich, erst nachdem vier Stunden später immer noch nichts passiert ist und wir schon im Verkehrstrennungsgebiet neben den ganzen Kreuzfahrtschiffen her tuckern. Ich vermassel den Funkspruch ganz schön, aber Reaktion gibt's trotzdem keine - na dann eben nicht.
Irgendwann wird es dann Abend, der Wind kommt immer noch von vorn. Dann wird es Nacht, kommt immer noch von vorn. Und da der ganze Tag ja so bewölkt war, ist es auch echt eine dunkle Nacht und leider wird sie dann zur dunkelsten, die ich seit zwei Monaten gesehen habe, denn es ziehen plötzlich Wolken auf. Wolken? Davor gab es nur eine dichte Wolkendecke und jetzt plötzlich sowas. Die sahen dann auch ganz schön dunkel aus und im nächsten Moment kommen dicke Tropfen runter - na klasse - jetzt regnet's auch noch. Also alles schnell reingeräumt und Regensachen angezogen. Viel an Regen kommt nicht runter, dafür wird es mit einem Mal noch dunkler, aber im nächsten Moment schon wieder taghell und fast im gleichen Moment ertönt ein viel zu lautes Donnergrollen. Ab diesem Moment beginnen die grauenhaftesten Stunden, die ich jeh auf dem Wasser erlebt habe. Das Gewitter ist genau über uns, zieht dann etwas weiter, kommt wieder. Was man bei Gewitter macht? - Keine Ahnung, ich hatte nie vor, bei Gewitterwarnung rauszufahren. Aber da wir inzwischen auf russischem Gebiet sind, ist da absolut NICHTS mit an Land gehen. Selbst wenn wir wollten, wäre das wahrscheinlich zu riskant, weil zwischen uns und dem Land viel zu viele kleine unbetonnte Untiefen eingezeichnet sind und ich nur einen Übersegler habe und so müssen wir uns leider auch wieder viel zu schnell von den hoffnungsvoll blinkenden Lichtern der Stadt auf unserer rechten Seite verabschieden. Auch die Idee, das Gewitter zu umfahren ist schlecht möglich, weil es riesig ist und auch als es weiterzieht immer noch überall um uns herum blitzt. Zwischendurch können wir hoffnungsvoll genau über uns Sternenhimmel sehen, aber ein paar Minuten später hat es sich schon wieder zugezogen und es geht weiter.
Eigentlich wollten wir die Wachen in zwei Stundenetappen teilen, aber in dieser Hölle ist das letzte, an was einer von uns denkt: Schlafen. Gegen 6 Uhr sehe ich Kronstadt vor uns und es leuchten nur noch einzelne Blitze irgendwo links von uns auf und hell wird's auch wieder. Langsam entspannt sich meine super unangenehme verkrampfte Haltung wieder - die Verspannungen im Rücken spüre ich immer noch.
Vor uns liegt das Tor nach St. Petersburg, dass es von hier aus nochmal 6-7 Stunden sind, war mir irgendwie nicht so bewusst, aber das macht jetzt auch irgendwie nichts mehr. Wir sind durch Kronstadt durch, aber irgendwie hat sich immer noch kein Russe für unser Kommen interessiert. Es gab immer noch keinen Funkkontakt und auch das Schiff, dass angeblich zu uns kommen sollte, kommt nicht und daran ändert sich auch nichts, bis wir am Zoll anlegen. Kurz nach Kronstadt taucht plötzlich die "Selkie" auf (das Schiff der Schweizer, die wir in Kotka kennen gelernt haben und die uns ihren russischen Kontakt gegeben haben) und ich bin einfach glücklich etwas Vertrautes wieder zu sehen. Allerdings hätte ich nicht gedacht, dass noch jemand so blöde ist wie wir und durch dieses Wetter freiwillig fährt.
Der Rest geht dann echt super und entspannt, das einzige, was zu schaffen macht ist der mangelnde Schlaf und die unglaubliche Hitze. Nach gefühlten tausend Zetteln, die wir im auch nicht weniger stickigen Hafengebäude unterschreiben müssen, dürfen wir nochmal zwei Stunden bis zum Sportboothafen fahren - den wir mit dem Schiff bis zum ausklarieren auch nicht verlassen dürfen, was nicht so schlimm ist, denn es gibt gar keinen anderen, in den Segler rein dürfen. Auf dieser Strecke schaffen wir es dann doch noch einmal, die Segel zu setzen. Es ist jetzt 15:20 Uhr und wir sind seitknapp 27 Stunden unterwegs.
Im Hafen gehe ich als allererstes duschen, denn die Mischung aus Angst- und Hitzeschweiß ist einfach tödlich und danach wird nur noch geschlafen - boah tut das gut.
Nur mit der Zeit komm ich immer noch nicht ganz klar, es ist schon wieder 2:41 Uhr nachts.
Aber für den Rückweg ist klar: lieber hab ich hier Stress mit den Behörden, weil ich zu lange bleibe, als nochmal durch ein Gewitter zu fahren. Ich wollte mir diese Erfahrung eigentlich noch ein paar Jahrzehnte aufheben.
Über Land und Leute gibt's schon wieder so viel zu schreiben, dass ich das auf nächstes Mal schiebe. Ach und der Winddreher nach Süd kam übrigens wirklich noch - im Gewitter.

Samstag, 24. Juli 2010

die letzte Stadt

krtsch!peng! - das war dann wohl das zweite Reff. Zum Glück ist nicht das Segel gerissen, sondern nur die Rolle vom Mast abgeflogen, mit der das Segel vorne unten gehalten wird. Aber so schlimm ist es nicht, muss halt das Erste reichen und die Genua kann man ja auch noch wegdrehen. Meine Mutter findet das alles gar nicht so lustig. Vor einer Stunde sollte sie das erste Mal eine Genua ausbaumen. Irgendwann bin ich nach vorne, um sie vom Spibaum zu befreien, mit dem sie sich zwischen Wante und Mast verklemmt hatte.
Es hatte ganz schön aufgefrischt und bei der Frage wie viel Wind wir denn inzwischen haben, war mir ziemlich schnell klar, dass ich die Wahrheit ein wenig relativieren sollte: 4 Bft. - hatte es auch, wenn mal nicht gerade eine Böe durchkam, was eher die Ausnahme war. 

Am Abend saßen wir bei drei Schweizern auf dem Boot, die auch nach Russland wollen und die ich nach der Einreise und diesem ganzen Zeug ausgefragt habe. Er erzählte uns dann, dass am Morgen eine Sturmwarnung rausgegeben worden war, als er meine Mutter sah, verbesserte er sich auch in "Starkwind"-warnung.




Dass das zweite Reff kaputt ist, ist nicht weiter schlimm, es verlängert halt nur noch die to-repair-Liste ein wenig. Bevor wir ins Niemandsland fahren, sollte wir das aber noch machen, da stehen nämlich z.B. noch die Lichter drauf - vorne und hinten. Hinten musste nur wieder richtig reingestöpselt werden. Das ist schon erledigt, aber vorne ist das Ganze ein wenig doofer. Da bin ich gegen einen Steg gefahren. Der Winkel war wohl zu spitz und die Halterung weniger stabil, als ich es erwartet hatte. Mal sehen wie wir das machen, vielleicht habe ich noch irgendwo eine Schlauchschelle, denn die Segelläden sind hier alle Samstags geschlossen. Ist ja auch logisch, ist ja mitten in der Saison - das wäre mir auch zu stressig, die vielen Touristensegler zu bedienen. 

In der Stadt haben wir aber gleich noch eingekauft und das Boot quillt jetzt wieder über von tausend leckeren Sachen. Zwar hab ich gerade erst gegessen, aber ich freu mich schon extremst auf das Abendessen und auf Morgen und Übermorgen und... Was anderes kann man eh gerade nicht machen, es regnet nämlich. Meiner Mutter würde zwar viel einfallen: Crewlisten, Liste mit Sachen an Bord für Russland, Vladimir anrufen,... aber das entspricht gerade nicht so meinen Vorstellungen. Ich weiß was viel besseres, in elf Minuten macht nämlich die Sauna auf, außerdem habe ich vor zwei Tagen erst einen Ölwechsel gemacht, ich finde das reicht an Aufregung. Also Handtuch geschnappt und los geht's!

Mittwoch, 21. Juli 2010

Helsinki - I ♥ ale

Lara ist weg und ich bin allein - aber nicht für lange. Auf dem Rückweg vom Flughafen treffe ich Johan, einen Finnen, der mir am Abend das Helsinkier Nachtleben zeigt - immerhin ist Samstag, da sollte man schon was machen. Die Finnen scheinen ziemlich spendabel zu sein, kann natürlich auch nur daran liegen, dass die meisten (bzw. alle die ich gesehen habe) um kurz vor eins schon total breit sind, das würde dann auch erklären, warum die alle so lustig tanzen. Um Punkt 3:30 wird aber gnadenlos das Licht angemacht und die Musik aus und plötzlich stehen Massen an blonden Leuten auf der Straße, insofern sie noch stehen können.
Am nächsten Tag hab ich dann endlich einen Platz auf der Insel gefunden, wo es Internet UND Strom gibt. Das ist gar nicht so einfach, aber da kann ich dann endlich mal alles nachholen, was mir so an Medialem die letzte Zeit gefehlt hat. So viel scheine ich aber ja doch nicht verpasst zu haben in Deutschland, außer dass es wieder einen Bundespräsidenten gibt. Und, was viel wichtiger ist: ich kann endlich skypen - so ne Minute mit dem Handy saugt ja schon ganz schön das Geld weg.
Am Montag hab ich dann endlich wieder Monia und ihre Schwester getroffen, weil Monia noch ihre ganzen Sachen auf dem Boot hatte, die sie dann nach Lahti zu ihrer Schwester gebracht hat. Geschlafen hat sie dann trotzdem bei mir und auf dem Weg zum Boot lernen wir dann Staffan - den Ferryman kennen (der fährt halt immer die Fähre zu der kleinen Insel, auf der mein Boot liegt). Der ist genauso alt wie wir und als er dann irgendwann um halb eins fertig ist kommt er noch auf eine Tasse Tee zu uns - was anderes gibt es gerade bei mir nicht, weil die Einkaufsläden so weit weg sind; es gibt nicht mal Sprudelwasser.
Es ist ziemlich praktisch, dass wir ihn getroffen haben, mir fehlt nämlich noch die Karte für St. Petersburg und so sitzen wir beide dann am nächsten Tag bei ihm im Auto und fahren zu irgendeinem Segelladen am anderen Ende der Stadt - jetzt hab ich endlich meine Karten und meine Mutter kann keine Gründe mehr finden, was mich von meinem Plan abbringen sollte, dafür waren die Karten nämlich auch viel zu teuer.
Danach hole ich meine Mutter vom Flughafen ab, wenn ich schon nach Russland will, möchte sie mich wenigstens nicht allein fahren lassen, das wird lustig, weil so ganz seetüchtig ist sie nicht =)
Gestern Abend saßen wir dann zu viert auf meinem Boot und haben ein wenig Abschied gefeiert. Das war zwar an sich nicht die Intention, aber wie Monia richtig meinte: "Jetzt fängt eine neue Kapitel an" - ich bin gespannt. Wir fahren gleich los, aber wohin genau, weiß ich noch nicht, weil ich mir noch keine Karten angeguckt habe: nach Osten halt.
"ale" heißt übrigens nicht "Bier" sondern "reduziert", also "sale" ohne "s". Das steht hier zur Zeit überall in der Stadt.

Montag, 19. Juli 2010

per Anhalter durch die Finnland-Galaxy

Helsinki - Tampere
Es hat irgendwas um die 35°C, dabei ist es schon früher Abend. Lara, Monia und ich laufen bepackt mit drei Schlafsäcken, bzw. Schlafsackalternativen (Fleecedecke weil ich im Boot nur eine Bettdecke habe) und einem Ein-Personen-Zelt quer durch Helsinki. Wo es hingehen soll wissen wir: nach Tampere; wie wir allerdings dahin kommen: vollkommen unklar. In Tampere wollen wir eine Freundin von Monia besuchen, die dort gerade einen Theaterkurs macht. Der Bus soll 20€ kosten -  also nicht mit Bus! Nach über einer Stunde laufen sind wir durch das Zentrum von Helsinki durch, aber die Stadt ist doch um einiges größer als wir gedacht haben. Es ist extrem heiß und dagegen hilft auch nicht das Eis, das wir uns gerade gegönnt haben: Lakritzeis, hört sich pervers an, ist auch ein wenig gewöhnungsbedürftig und es hat so eine super eklig aussehende schwarze Farbe, aber das essen die alle hier.
Wir hatten eh nicht vor bis nach Tampere zu Fuß zu wandern, weil das 200 km sind, aber wenigstens aus der Stadt raus. Ein wenig geschlagen stellen wir uns dann doch an eine Bushaltestelle, nehmen aber nur den Bus bis kurz vor die Autobahn und stellen uns dann da hin mit dem Daumen nach oben. Nach einer ganzen ewigen Weile hält dann auch endlich ein Auto, aber nicht so ein Hippiebus, wie man ihn aus dem Fernsehn kennt sondern das genaue Gegenteil: ein super sauber blitzender Audi, welches Modell das genau ist, weiß ich nicht, aber es ist garantiert ein ganz toller. Der Fahrer, irgendein Geschäftsmannmanager von ABB erklärt uns dann auch erstmal, dass es verboten ist an der Autobahn zu stehen und dass es doch besser wäre, wenn wir ein Schild hätten, damit man auch weiß, wo wir eigentlich hinwollen. Hat er wohl recht. An der nächsten Tankstelle hält er dann, steigt aus und kommt mit einem Edding und einem Stück Pappe wieder. Als wir gerade die Tankstelle verlassen, bremst er plötzlich nochmal und steigt wieder aus - er hat das perfekte Schild gefunden, ein Stück Styrodur. Na dann kann's ja losgehen.

Eine Stunde später sind wir ein gutes Stück weiter, er lässt uns irgendwo zwischen Helsinki und Tampere raus und wir stehen wieder an der Straße und warten, nur diesmal mit Schild. Es fahren ewig viele Autos an uns vorbei und aus jedem zweiten winken uns breit grinsende Gesichter zu.
Eins von denen ist ein Cadillac, in dem vier Rockabillies sitzen. 200m hinter uns hält er plötzlich und fährt rückwärts wieder zu uns. Es ist ein Viersitzer - wir fühlen uns verarscht. Aber sie meinen es ernst, rücken etwas zusammen und wir steigen ein. Die vier sind total lustig und laden uns auf einen "Longdrink" ein - auch eine nationale Spezialität: Lonkero - ein Gemisch aus Gin und Grapefruitsaft und ich glaub ganz viel Zucker.
Als sie uns in einer Stadt rauslassen ist es kurz vor zwölf und um diese Zeit hat niemand mehr wirklich Bock Auto zu fahren. Die einzigen, die noch unterwegs sind, sind Taxis (bzw. Taksis) und irgendwann hält eins von denen und bringt uns einige Kilometer näher ans Ziel, für umme versteht sich. Dieses Mal sitzen wir nur leider an einer Straßenecke wo echt der Hund und alles, was begraben werden kann, begraben ist. Monia und ich sitzen etwas frustriert auf dem Bordstein und gucken nach einem Platz zum Zelten. Lara hat keine Lust mit uns zu suchen und läuft um die nächste Straßenecke. Keine fünf Minuten später hält das einzige Auto, das weit und breit zu sehen ist. Als die Frau allerdings sieht, dass da plötzlich noch zwei mehr kommen und dann noch drei Rucksäcke und einen Schlafsack mit schleppen, sieht sie nicht mehr so glücklich aus. Wir überreden sie, dass sie uns trotz ihres komplett vollen Autos mitnimmt und nehmen den ganzen Krempel auf den Schoß. Sie ist Ärztin und kann es überhaupt nicht fassen, als wir von unseren Reisen erzählen. Etwas enttäuscht stellt sie dann fest, dass sie ihr Leben ganz schön langweilig findet.

In Tampere angkommen fängt es an zu regnen. Wir sind total müde und suchen ziemlich erfolglos das Haus von der Freundin. Als es wieder hell ist, haben wir es endlich gefunden, schlagen im Park daneben unser komfortables 1-Personen-Luxuszelt auf und quetschen uns hinein. Wenn man auf der Seite liegt, geht es sogar.

Tampere
Am nächsten Morgen werden wir etwas unsanft von einem Rasenmäher geweckt, der um uns rummäht - oops. Nach dem Frühstück im Supermarkt gehen wir die Freundin im Theater besuchen und bekommen eine kleine Privat-Stage-Fight-Show. Das ist halt dieses Kämpfen, das man immer im Theater sieht - es sieht wirklich brutal aus, wie die sich mit den Stöckern und Schwertern attackieren - ist aber in Wirklichkeit alles nur Fake! Irgendwann schlafe ich trotzdem ein.
Ich will eigentlich nur noch schlafen, aber Monia, Lara und Martha (die Freundin) zerren mich ins Muminhaus. Das ist ein Kindermuseum, in dem es eben um die Mumins geht, nach denen auch mein Boot benannt ist, deshalb auch ein Muss für mich. Und es ist soo cool da drin. Nach einer Viertelstunde schließt leider das Haus und den Abend verbringen wir mit den verrückten Theaterleuten.
Von Tampere aus überlegen wir uns, dass wir noch Monias Schwester besuchen wollen, die nur 100 km entfernt wohnt. Die beiden haben sich zwar über zehn Jahre nicht gesehen und eigentlich auch erst drei Mal in ihrem Leben, aber wir sind trotzdem alle willkommen.

Tampere - Lahti
Also wieder ab an die Straße und auf die andere Seite unseres Schilds, "Lahti" geschrieben. In der Mittagssonne zerfließen wir und zwei Stunden will einfach niemand halten. Irgendwann kommt endlich ein Transporter und erklärt uns, dass wir einfach an der falschen Straße stehen - kein Wunder, dass die Leute uns alle so komisch angeguckt haben und wir dachten schon, das wäre, weil wir inzwischen so ein wenig wild aussehen. Der Transporter bringt uns dann zur richtigen Straße, die ein ganzen Stück woanders ist und von da aus müssen wir auch gar nicht lange warten, bis eine Frau kommt. Die ist total lieb und erzählt uns, dass wenn wir Jungs gewesen wären, sie uns sicher nicht mitgenommen hätte, aber so fährt sie uns direkt bis vor die Tür von Monias Schwester.

Am Abend ist das Haus voll, weil sie eine Party für eine Freundin macht und es gibt das leckerste Essen, das ich mir nach den letzten Tagen vorstellen kann. Die meiste Zeit verbringen wir an dem Buffet-Tisch sitzend. Es wird englisch gesprochen, weil einige Ausländer da sind, was richtig praktisch für uns ist und als Krönung für den Abend können wir nach einer etwas brutalen Runde JungleSpeed (ein Kartenspiel) im Zimmer von ihrem Sohn schlafen, dass tapeziert ist mit Twilight-Postern. Aber wo könnte man besser Schlafen, als zwischen Vampieren =)

Lahti - Helsinki
Am nächsten Tag müssen wir uns dann etwas beeilen, weil wir das Flugzeug für Lara zurück nach Berlin bekommen müssen, davor aber noch zurück aufs Boot um erstmal die Sachen zu packen. Also fahren Lärchen und ich ganz zivilisiert mit dem Zug zurück und etwas traurig bringe ich sie dann an den Flughafen.

Jetzt bin ich wieder alleine, aber nicht für lange, weil meine Mutter am Dienstag kommt und wir uns dann auf den Weg Richtung Russland machen - wir haben nämlich endlich die Visa.

Mittwoch, 14. Juli 2010

Navigation zum ankommen

"Höchstgeschwindigkeit 5 Knoten, uebrigens Naschen ist hier verboten..." (alter SchokoBon-Werbereim) - ?? Nee, bestimmt nicht!! Weder die 5 Knoten, noch der zweite Teil. Die letzten zwei Tage und Nächte sind wir durchgesegelt, von Kasnäs nach Helsinki. Einfach so, weil wir Lust hatten die Strecke in einem Rutsch hinter uns zu bringen und wir hier noch ein paar Tage haben, bevor Lara wieder nach Berlin fliegt. Die gesamte erste Nacht wurden wir mit Flaute bestraft und der Motor motorte was das Zeug hielt, bis fast der Tank leer war. Bis zur Tankstelle reichte es gerade noch, nur wie diese Geldzapfautomatentankstellen funktionieren, war nicht so klar. Und eine paar Minuten später standen eine ganzer Hand voll besoffener Finnen und zwei weitere, die wir plötzlich wieder getroffen hatten. Es war uebrigens mitten in der Nacht, irgendwas zwischen 1 und 2.
Eine ganze Zeit später ging es mit vollem Tank weiter und am Mittag erreichten wir Barösund. Inzwischen war es so unglaublich unertragbar heiss, dass wir dort eine Pause einlegten um mit Eis wieder etwas runter zu kühlen. Langsam kam auch Wind und wir ein Stueckchen weiter. Aber wir mussten kreuzen, voll ätzend und egal ob wir nach Norden oder Sueden oder Osten um die Inseln rumkreisten, er kam immer konsequent von vorne, wodurch die Strecke sich vertausendfachte, aber wir hatten einfach keinen Bock mehr auf motoren. Einige Stunden später hatten wir dann endlich ein paar Meilen Strecke gemacht und da ging die Sonne auch schon wieder unter. In der Nacht zuvor hatte ich zwei Mal eine halbe Stunde geschlafen und jetzt hoffte ich sehr, dass sich das ändern wurde. Ueber Tag war es zu heiss um zu schlafen und beim Kreuzen mussten wir alle paar Minuten wenden, so dass es einfach zu kurz kam. Aber wirklich viel mit schlafen war wieder nicht und um kurz vor vier erreichten wir Helsinki. Wie wir das geschafft haben ist mir fast noch ein Rätsel. Meine Karten sind von '98 und in den letzten zwölf Jahren hat sich hier ganz schön viel getan. Nicht nur die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass es die Tonnen entweder nicht mehr gibt oder es extrem viele Neue gibt, sondern auch die Inseln. Das, was bei mir oft noch ein Stein unter Wasser ist, ist jetzt plötzlich zu sehen, oder es gibt auch kleinere Inseln, die gar nicht erst eingezeichnet sind - ein Traum, obwohl ich nicht geschlafen habe, aber wir sind angekommen.

Montag, 12. Juli 2010

eine kleine Welt

Hier mal wieder ein Lebenszeichen von mir.
Gerade sitze ich im Haus der Familie von Lennart (mit denen wir unterwegs waren) und misshandle die Tastatur. Dass wir (Lara und ich) hier alleine sind und die Familie selbst gerade an den Strand gefahren ist, stört irgendwie nicht so recht jemanden. Das freut einen schon ganz schön, wenn man so viel Vertrauen bekommt =)
Streckenmässig sind wir die letzten Tage ja gar nicht weit gekommen. Die täglichen Etmale hielten sich so zwischen 0 und 6 sm - wow. Aber dafür war einfach zu viel los und es war einfach viel zu schön, um gleich weiter zu fahren. In dem Hafen, aus dem ich das letzte mal geschrieben hatte, lagen wir im Päckchen, weil es wegen des Jazz-Festivals einfach so voll war. Ich hatte echt Angst einfach an irgendeinem Schiff fest zu machen, vorallem weil es nicht mal Fender draussen hatte und ich mich noch nicht so richtig mit der "guten Seemannschaft" auskenne. Gerade als wir festgemacht hatten, kamen schon die Besitzer. Aber meine Ängste waren komplett unbegründet, die beiden waren Deutsche vom Bodensee und hatten das 30-Fuss Ding (Benetaut) selbst nur gechartert. Zwischen uns und dem Steg lag uebrigens noch ein 51-Fuss-Böötchen. Da sahen wir schon ganz schön mickrig aus!!
Die beiden waren total nett und haben uns erstmal auf ein Bierchen eingeladen und einen guten Teil des Einkaufs konnten wir auch gleich noch sparen, da es deren letzter Tag war und sie uns ihren Restbestand vollständig ueberliessen: von Bohnen bis Toilettenpapier.
Am nächsten Tag in der Früh zogen sie dann von dannen und eine Stunde später kamen gleich neue Leute, Sowohl auf die kleine 31-Fuss Yacht, als auch auf das etwas grössere Monstrum. Nach kurzem Hallo war klar, dass wir schon wieder deutsche Nachbarn hatten, aber die kamen diesmal nicht vom Bodensee, sondern aus der Nähe von Berlin. Ums genau zu sagen: Falkensee, Finkenkrug (ich wohne auch in dem Kaff, deshalb ist das so lustig). Da fährst du irgendwo ans andere Ende der Welt in irgendeinen winzigen Hafen, wo dich die Leute fragen, wie du dich als Deutscher dahin verirren konntest, und dann stehen da Falkenseer vor dir. Da der Sohn von denen 23 war, kannte der sogar noch die gleichen Leute wie ich - einfach krass.

Der Hafen war uns aber zu teuer und so sind wir weiter zu Lennart nach Hause. Also fast, ein Kilometer Asphalt liegt noch zwischen Wasser und Haus: zum Sterben heiss!
Dort haben wir an einem Stein festgemacht, nur ist es ein wenig doof, dass der kleine Zipfel, an dem wir hier sind, nicht mehr wirklich in der Karte verzeichnet ist. Er existiert, aber ob da Steine sind ...
Und es waren welche da und zwar reichlich, das wusste ich aber bis dahin noch nicht.
Wir hatten also - Friede, Freude, Eierkuchen - an einer Insel festgemacht und sind dann rueber an Land gepaddelt, wo wir zum Abendessen eingeladen waren.
Während meine Schwester in der Nacht dann seelenruhig und mit einem zufrieden vollen Bauch schlief, ging bei mir gar nichts mit schlafen. Erst fing es an zu gewittern und irgend wann drehte der Wind und drückte uns auf irgendwelche Steine, die meiner Meinung, davor noch nicht da gewesen sind. Und es ist ein grauenhaftes Geäusch - ich stand im Bett.
Aber so ganz gerichtet bekommen habe ich es nicht, bzw. gar nicht. Vorne ging es mit dem Bug gegen den Felsen, weil der Anker nicht halten wollte und das Fenderbrett dauernd verrutschte und unten gegen einen Stein. Am morgen hatte sich der Wind wieder gelegt und so bewegte sich erstmal wieder gar nichts, was zwar die Situation an sich nicht geändert hatte, aber ich konnte mein Bettzeug mit nach draussen nehmen und schlafen - ganze drei Stunden. Danach war es so heiss, dass ich direkt aus meinem Draussenbett ins Wasser sprang.

Als wir dann alle wach waren, haben wir das Boot dann an die andere Seite des Ufers verlegt, wo es gerade immer noch vor sich hin wackelt und sind erstmal in die Stadt zum Jazz-Festival gefahren - die Musik war so ungaublich schön und im Gras im Schatten von einem Baum liess es sich dazu wunderbar schlafen. Gut ausgeruht ging es dann wieder zurueck. Zum Finale am Abend bin ich dann mit Lennart und seinem Bruder wieder in die Stadt gefahren, diesmal mit dem Motorboot. Ich glaube hier gibt es nicht so wirklich Geschwindigkeitsbeschränkungen - 30 Knoten interessieren hier auf jeden Fall niemanden, auch wenn es direkt an einem segelnden Boot vorbei geht.
Heute wollen wir aber endlich weiter fahren in Richtung Helsinki, weil Monia in die gleiche Richtung muss, werden wir sie mitnehmen und vielleicht noch einen kleinen Abstecher auf einer der Inseln hier machen, weil sich da gerade noch ein paar lustige Leute befinden sollen, die unsere Mitreisenden kennen.

Donnerstag, 8. Juli 2010

into the wild

Nachdem ich mich das letzte mal ein wenig kurz gehalten hatte, hier nun wieder ein paar mehr Informationen =)
Wir sind jetzt mit den Norwegern/Finnen, von denen ich letztes Mal schon kurz geschrieben hatte, unterwegs, also die mit diesem lustigen Mini-Kahn - das Ding fährt echt!!
Gerade haben wir für zwei Stunden in irgendwas mit "K", einer der vielen Inseln südlich von Finnland, angelegt um mal wieder ein wenig was Frisches im Vorrat zu haben und im Internet wieder auf die Höhe des aktuellen Zeitgeschehens zu kommen. Und was ist das erste, was ich lesen muss? Deutschland hat verloren. Na ganz toll. Ich war so davon überzeugt, dass es diesmal was wird und gestern sind wir über ganz Jurmo gerannt, um einen Fernsehr zu finden, was eigentlich nicht so schwer gewesen wäre, weil dort nur zehn Leute leben, aber die haben nicht mal wirklich fließend Wasser.

Und weil wir keinen Fernsehr gefunden hatten, war es auch überhaupt nicht schlimm, dass wir erst um 20:20 aufgebrochen sind - davor war der Wind für die anderen einfach zu stark. Aber so wurde es eine wunderbare Nachtfahrt und gegen drei haben wir dann endlich den perfekten Ankerplatz gefunden. Weil ich den Anker erst zu spät runter geschmissen haben, waren wir etwas zu nah an Land und haben halt vorne noch eine Leine an einen Baum gespannt - hat perfekt gepasst und aufgesetzt haben wir auch nicht. Inzwischen ist ja auch hier der Sommer endlich angekommen, aber damit leider auch gleich noch tausende millionen milliarden Mücken. Aber irgendwann ist mir eingefallen, dass wir ja extra Mückennetze mitgenommen haben - super Dinger: abends wird alles dicht gemacht und dann gibts noch eine halbe Stunde Mückenmassaker und dann kann man schlafen. Die mückenfreie Zone fanden Monia und Ida (die Norwegerinnen) so herrlich, dass sie sich gleich bei mir im Salon einquattiert haben.
Der Weg von Mariehamn nach Jurmo ging über eine Nacht auf irgendeiner weiteren Insel (etwas mit "S" - ich gehe die Tage übrigens gerade rückwärts durch). Das kleine Holzschiffchen von den anderen hat gerade mal 30 cm Tiefgang, weshalb denen jegliche Steine, Untiefen oder ähnliches, komplett egal waren und auch die Wahl der Insel hatte etwas sehr spontanes. So legten sie an und Monia meinte: "Klar, das passt, das ist tief genug." Ganz langsam motorend bin ich dann immer näher an die Insel gekommen und das Wasser würde immer und immer klarer. "Das passt schon." Kurz bevor wir an dem kleinen Holzsteg waren, kam sie auf die Idee mal mit einem Paddel zu gucken, wie tief es denn wirklich ist. Der Wasserstand auf dem Paddel ging ihr dann bis zum Kinn, was bei meinem Tiefgang von 1,25 m normaler Weise locker ausreichen würde, wäre sie nicht nur 1,50m groß. Bis ran gekommen sind wir trotzdem, nur in dem Moment als wir festgemacht hatten kam eine Frau - komplett aus dem nichts, meckerte, und verschwand genauso schnell auch wieder. Also, wieder ablegen und einen Holzsteg weiter, der fünf Meter daneben lag. Ich weiß nicht wo sie her kam, denn als ich danach über die Insel lief, war da nichts mehr, nicht einmal ein Hüttchen.
Wenn ich hier jetzt alles erledigt habe, also gleich, fahren wir weiter zu einer Insel auf der ein Ferienhäuslein von Lennard steht (der, der das Boot gebaut hat und jetzt von Schweden nach Hause gesegelt ist). Da wird es auch wieder nichts geben, deshalb muss ich die Minuten mit Strom und Wasser gerade gut nutzen auch wenn ich mich inzwischen schon ganz gut an die Salzduschen gewöhnt habe.
Meiner Schwester, eine absolute Landratte, geht's hier erstaunlich gut. Ich hatte echt Angst, dass sie das ganze total doof und langweilig (so ohne Fernsehr und Internet) findet - aber überhaupt nicht. Ich denke ihr geht's genauso wie mir: hier hat man das Gefühl endlich da angekommen zu sein, wovon man immer geträumt hat. Schweden hatte noch so viel von Deutschland, das einzige, was anders war, war das Geld. Aber hier ist alles anders, außer dem Geld und es gibt sogar jüngere Leute =) Und es scheint die Sonne. Und es ist warm.
Hier in der Nähe findet gerade ein Jazz-Festival statt, wenn es irgendwie bezahlbar ist, wollen wir da für einen Tag vorbeischauen - bisher dachte ich, dass es in Finnland nur Gothic Musik gibt, weil das die einzig bekannten Bands sind.
Das praktischste daran, wenn man immer irgendwo ankert, ist, dass man einfach kein Geld ausgeben kann, nichtmal wenn man unbedingt wollte, was meinem Geldbeutel gerade echt gut tut, denn wahrscheinlich gibt's bald wieder eine größere Investition: die Sprayhood. Nach der Pinne das einzige, was ich im Winter nicht erneuert habe. Das linke Fenster ist inzwischen fast vollständig draußen. Wir haben versucht es zu tapen - das hält nicht, zu nähen - dafür ist der Stoff zu porös und der Faden reißt einfach raus, und mit Sika zu kleben - aber das ging gar nicht war nur eine riesige Schweinerei. Na mal gucken, vielleicht ist das hier ja sogar bezahlbar, ich denke zwar nicht, aber man kann ja mal ein wenig hoffen - das hält bei guter Laune. Aber jetzt gibts erstmal echtes, dunkles, finnisches Brot - Yihaa

Montag, 5. Juli 2010

und weiter gehts

Weiter geht's nord-östlich - endlich. Die zwei Tage in Mariehamn waren zwar wirklich schön und Mariehamn ist auch echt ne super Stadt, aber irgendwie zieht es mich weiter. Der Grund, weshalb wir gestern noch nicht weiter gefahren sind, ist zweierlei; der Wind kam mit 6 Bft von vorne, was ich schon mal gar nicht mag, aber der an sich ausschlaggebende war, dass wir hier eine total nette norweger Crew kennen gelernt haben und die mit ihrem kleinen Kahn bei den Bedingungen gestern einfach noch nicht rausfahren konnten. Das Schiff hat der eine von denen nämlich selbst gebaut und es sieht eher aus wir ein riesiges Kanu, als wie ein Segelschiff (man sieht's auf dem Foto - den Mast stellt man anscheinend erst draußen). Und da die das gleiche Ziel, bzw. die gleiche Richtung haben wie wir, haben wir beschlosssen zusammen zu fahren.
Die drei, Monia, Ida und Lennart, haben hier ein paar Leute getroffen, wodurch es dann gestern ein laufendes kommen und gehen, von den verschiedensten Leuten auf unserem Boot gab und wir einen echt netten Abend in einer Schiffskneipe verbracht haben.
Also kurze Meldung von hier: alles Top, uns gehts prächtig.

Freitag, 2. Juli 2010

Pancakes mit Sonnenbrand

Finnland!!! Wir haben heute endlich den Absprung geschafft und sind jetzt auf den Alands. Ok, eigentlich sind wir noch nicht in Finnland, sondern erst auf den Alands, was ja ein eigenständiges Ding sein möchte, aber theoretisch gehört’s ja schon irgendwie zu Finnland.
Der Wind hatte irgendwie nicht so Lust auf uns, dafür aber die Sonne und deshalb ist das Lärchen auch ordentlich gebrutzelt worden. Mich hat’s nicht so stark erwischt, sie ist aber knalle rot =)
Als kleinen Eingewöhnungsschlag für die kleine Lara-Landratte sind wir gestern nur nach Gräddö gefahren, bzw. halb getrieben. Lara hat gesteuert, es hat super geklappt, aber heute kam der Wind, wenn er kam, die ganze Zeit von vorne, deshalb hab ich noch mal übernommen. Ich denke, ab jetzt überlass ich ihr das steuern und leg mich auf die faule Haut – JUHU (das war übrigens nicht ernst gemeint, wir wollen ja auch ankommen)
Den ersten Tag nach unserer Ankunft in Schweden haben wir noch in Stockholm verbracht. Eigentlich wollten wir uns ein wenig Bildung reinziehen, aber nachdem wir es endlich geschafft hatten uns von all den wundervollen Geschäften loszureißen hatten die Museen schon zu. Aber was ist das denn bitte, wenn die alle schon um 17 Uhr schließen!! Das Museum für Moderne Kunst sollte eigentlich auch bis 20 Uhr offen haben, aber da war irgendein Empfang oder ähnliches, deshalb haben wir dann stattdessen zugeguckt wie aufgebaut und vorbereitet wurde – auch Bildung. Da gab es nämlich einen total faszinierenden Eishauer, oder wie man so was nennt, der eine seltsame Form ausgesägt hat, die dann auch gleich wieder geschmolzen ist. Keine Ahnung, vielleicht war das ja die Kunst des Vergänglichen oder so.
So viel wie an diesem Tag bin ich schon lange nicht mehr gelaufen und erst recht nicht mit Flip Flops, aber es war halt einfach mal verdammt heiß. Zum Schluss sind wir dann noch mal über alle Inseleins wieder zurück und in DAS Szeneviertel gewandert. Total nett und immer bergauf. Als Belohnung haben wir uns dann in ein Café gesetzt und uns den schokoladigstens Schokoladenbrownie geteilt, den ich jeh gesehen habe – so viel Schokolade hat nicht mal Schokolade. Lara hat auch schon nach der Hälfte ihres Teils aufgegeben und den Rest am nächsten Tag zum Frühstück gegessen.
„Wie viel Uhr ham wa jetzt eigentlich, Merle?“ - riesige Augen: „… halb zwölf!“ – Oops! Ein wenig spät und wann kommt der letzte Bus? – Keine Ahnung; echt gemein, wenn es immer hell ist.
Darauf hin sind wir so schnell, wie es mit einem Browniebauch geht, aus dem Café gestürmt, die U-Bahntreppe runter, zum Gleis – verdammt hier muss man ja durch so eine Schranke, so dass man nicht mal schwarz fahren könnte, wenn man wollte. Also Fahrkarte kaufen. „Nehmen Sie auch Euro, oder Karte? Nee? Das ist doof.“ Aber zum Glück gibt’s dafür ja auch einen Automaten, der so was nimmt, nur die deutschen Karten mochte der nicht so gerne. Also wieder zurück zum Schalter; „Doch das müsste gehen, probierts noch mal.“ Wieder zurück zum Automaten, aber immer noch nichts. „Hej, braucht ihr Hilfe, soll ich euch was wechseln? Ach was, behaltet’s, ich muss weiter“ – das ist doch mal ‚ne Ansage, danke.
Aber der Automat mag auch kein Bargeld. Zurück am Schalter erklärt uns die nette Dame, dass wenn wir bei ihr kaufen, es gleich 30 Kronen mehr kostet. Na ganz toll; aber es gibt noch einen anderen Automaten, da sollten wir es doch mal versuchen. Vor dem anderen Automaten verzweifelnd fragte uns dann eine andere Person, ob er uns helfen sollte und weil er das Ding genauso wenig verstand wie wir, half er uns dann mit dem Restgeld aus, was die Schalterdame haben wollte. Wie viel Glück kann man denn haben?! Die ganzen nächsten zwei Stunden, bis wir wieder beim Boot waren, haben wir uns über die Freundlichkeit gefreut und den letzten Bus haben wir auch noch bekommen.
Ich muss wieder an den Herd, sonst brennt unser nahrhaftes Abendessen an: Pancakes.