Spielzeit: 9h34
Sprache: DD 5.1 Deutsch
Untertitel: Deutsch für Hörgeschädigte
Regie: Neptun, Rasmus, Poseidon
Schon lange zieht es die beiden in die Jahre gekommenen Vagabunden, „Er“ (Joschka W.) und „Ich“ (Merle I.) wieder auf die große See. Zusammen mit ihrer „Sie“ (lilleMy) wollen sie sich in neue Abenteuer stürzen. Doch alles kommt anders als geplant, als plötzlich eine schwarze Regenfront auf sie zu kommt. Wie werden die drei Freunde entscheiden? Werden sie umdrehen? Oder werden sie noch mal richtig Gas geben und ihr Ziel, die nächste Stadt, erreichen?
„Eine packende Erzählung eines naiven Selbstversuchs, aufgepeppt mit trivialen Lebensweisheiten“ Bild
Ja, es war bescheuert raus zu fahren. In Wladislawowo saßen wir zwar schon seit drei Tagen fest, eine Stadt wie sie die Sowjets kaum hässlicher hinterlassen konnten, ohne Internet, Duschen für 7 zl, Toiletten für 2 zl und ohne Verbindung zu den nicht weit entfernten Wanderdünen. Als es dann sturmmäßig eine Lücke geben sollte, wollten wir das natürlich auch nutzen. Die ganzen Tage zuvor hatte es immer ordentlich gepustet und Regenschauer mit noch viel mehr Wind gegeben. Aber am Donnerstag sagte der Hafenmeister eine nette 3-4 (Bft) an und der Wetterbericht unserer Nachbarn eine 5-6 aus West. Ist zwar nicht das angenehmste gegen den Wind motoren zu müssen, aber die Aussicht, noch länger hier zu bleiben war wesentlich unattraktiver, immerhin sollte es danach wieder schlechter werden und das dann für drei weitere Tage anhalten. Wir waren nicht die einzigen, die es weiter zog und von der Mole aus, sah das alles auch gar nicht so dramatisch aus.
War es auch nicht, zumindest bis zur Landecke ein paar Meilen weiter, danach war es mit der Abdeckung vorbei. Nach und nach baute sich eine Bootshohe Welle auf, was gar nicht so schlimm wäre, müsste man nicht genau dagegen fahren und wäre sie nicht halb so steil gewesen. Aber immerhin hatten wir noch gute 3,5 kn Fahrt und die Sonne schien auch.
hätte ich das vorher gewusst... (drauf klicken zum vergrößern) |
Plötzlich schien sie aber nicht mehr und eine riesige schwarze Regenwand kam auf uns zu. Die Wand schob eine enorme Windwalze vor sich her und als uns dann noch der Regen erreichte, ging gar nichts mehr. Der Regen war so stark, dass es richtig weh tat, als er ins Gesicht schlug, so dass ich mir die Hand davor halten musste und ich nichts mehr sehen konnte. Aber es gab eh nichts zu sehen. Die Regenwand war so dicht, dass man keine fünf Meter weit gucken konnte. Noch nie habe ich so einen Regen erlebt, zumindest nicht, als ich selbst drin stand und erst recht nicht auf dem Wasser. Mir wurde übel. Das schlimmste war aber, dass der Wind so zugenommen hatte, dass er über meinen 13 PS Diesel einfach nur noch lachte und die Logge auf spottende 0,0 kn drückte. Ziemlich manövrierunfähig kam mir das erste Mal der Gedanke umzudrehen. Dafür war aber gerade keine Zeit, weil das Kurshalten meine gesamte Aufmerksamkeit beanspruchte. Ein Mal passierte es dann, dass uns eine der Böen etwas zu sehr von der Seite erwischte, bestimmt nur ein paar Grad, aber das reichte und das Boot wurde quer zur Welle mitgerissen, was Joschka etwas panisch auf die Pinne schielen lies, die aber komplett eingeschlagen war.
Als der Regen vorbei war, türmten sich die Wellen immer weiter auf und nicht wesentlich schneller als in der Front schlichen wir vorwärts. Noch ein paar heftige Schauer und Böen folgten, die uns immer mehr in Richtung Strand drückten. Aber wir fuhren trotzdem weiter – komplett bescheuert und bei jeder Böe fragte ich mich warum.
Es war halb vier und wir hatten nur noch gute vier Stunden bis zum Sonnenuntergang, aber noch 11,65 Meilen vor uns. Zurück nach Wladislawowo waren es ca. 20 sm. Mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 5 kn könnten wir es genau schaffen, dann wäre aber alles umsonst gewesen und ganz ehrlich, schlimmer konnte es nicht mehr kommen. Nach Leba (unser Ziel) würden wir mit der derzeitigen Geschwindigkeit aber noch zehn Stunden brauchen – scheiß Situation. Also Kiste laufen lassen, Motor noch ein wenig quälen und jedes „Flautenloch“ nutzen: das schaffen wir schon – irgendwie – bestimmt – vielleicht – eventuell – müssen wir…
Der Hafen kam in Sicht und das einzige, was uns noch davon trennte war eine weitere, grauenhafte Regenwand. Um eine hatten wir geschafft drum herum zu fahren, durch die allerdings mussten wir jetzt direkt durch. Noch mal vom Regen gefoltert werden, noch mal vom Wind rückwärts gedrückt werden, noch mal auf den Wellen Rodeo reiten.
Wir erreichten die Einfahrt, die Sonne ging unter, wir hatten es geschafft.
Komplett durchnässt und durchgefroren setzten wir uns ins Hafenrestaurant und aßen uns bis zum erbrechen voll. Diese Nacht würde ich mit Sicherheit Alpträume von den Wellen haben, wie sie sich vor uns auftürmten, nicht zu selten vor oder unter uns brachen, wir ins gefühlte Nicht fielen und das Boot laut auf dem Wasser aufkrachte und das gleich wieder von vorne begann.
Es war nicht nur total naiv, sondern auch leichtsinnig und DUMM, schrecklich dumm. Noch nie hatte ich mit meinem Boot geredet, bzw. es verstehen können mit einem Plastikbecher zu kommunizieren, am Donnerstag kam es einfach aus mir heraus und ich flehte das Boot an uns sicher in den Hafen zu bringen.
Im Nachhinein gehört es absolut nicht auf meine „das-muss-ich-unbedingt-noch-gemacht-haben-bevor-ich-sterbe“-Liste, so etwas verstandsloses muss niemand nie gemacht haben.
Das Kap Rozewie zwischen Wladislawowo und Leba ist der nördlichste Punkt Polens und ragt weit in die Ostsee. Die Steilküste hat hier knapp 60 Meter Höhe. Das segelt man nicht so leicht gegenan. Habe selbst mal bei fast Null Wind ein paar Stunden hart aufgekreuzt für 2 Seemeilchen.
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