Neue Mannschaft, neues Land, neue Leute, neue Stimmung. Auch wenn der Reiseführer, den ich immer gescheit bei mir trage, das gesamte Baltikum in irgendwie eine Schublade stopft ist es keine gerechte Behandlung. Wie lange hat mir meine Mathelehrerin versucht zu erklären, dass man Äpfel nicht mit Birnen vergleichen kann und jetzt wo ich es dachte verstanden zu haben, kommt der Marco-Polo-Reiseführer daher und will mir das Gegenteil klar machen. Bis zum Schluss bin ich mit der Mentalität der Esten nicht klar gekommen.
In Lettland hat mir dann die Hafenmeisterin den wahrscheinlich entscheidenden Grund angegeben: die Esten sind extrem langsam und haben keinen Bock auf Englisch - nagut, das erklärt dann wenigstens, warum sie so verhandlungs-und kontaktunfreundlich waren.
Das Lettland aber so ganz und gar und komplett anders ist, wollte uns wohl gleich der erste Lette beweisen. Wir waren im Hafen kurz hinter der estnisch-lettischen Grenze und außer uns gab es nur noch ein anderes Boot, einen Einhandsegler namens Uldis, was frei übersetzt soviel heißen muss wie: der elanvolle-ohne-Punkt-und-Komma-Redner. Ein total netter Typ, der uns, bevor eine von uns einen Fuß an Land gesetzt hatte, schon auf eine "Weinparty" einlud - na huch, das kann was werden. Wir hatten den sehr dummen Anfängerfehler begangen und vergessen, vorher Abend zu essen. Als guter Gastgeber kredenzte uns Uldis natürlich auch ein klein wenig Beilage, aber ein paar Scheiben Brot kommen nicht gegen Rotwein an, deshalb musste er das meiste selbst trinken, weshalb seine Geschichten wahrscheinlich auch immer lustiger wurden. Irgendwann kamen wir zu dem Thema, was man als Segler immer dabei haben sollte, egal ob Einhand oder mit Crew: Senioren-Pampers; die sind nämlich so unglaublich praktisch: klar - als Einhandsegler muss man nicht aufs Klo rennen, vor allem, wenn schlechtes Wetter ist, aber die weitaus spannenderen Einsatzfelder sind die Bilge, wenn sich da mal wieder das Wasser sammelt oder links und rechts neben den Kopf eines Seekranken, der in der Koje liegt, da sie seiner Erfahrung nach auch wirklich (und da legte er besonderen Wert drauf), wirklich keinen Geruch abgeben. Nur das Beschaffen soll wohl etwas problematisch sein, weil es da immer so seltsame Blicke gibt, wenn man als 60+ ein Paket kauft - gut, dass wir das JETZT schon wissen, dann können wir mit 49 anfangen zu bunkern mit dem Argument, es sei für die Generation über uns.
Am nächsten Tag regnete es und zwar den kompletten, ganzen Tag. Wie kann es nur soviel und so doll am Stück regnen?! Das doofste daran war eigentlich, dass mal wieder die ganzen undichten Stellen zum Vorschein kamen, insbesondere bei so einer Dauerbeschallung durch kärcherartigen 24 Stunden non-stop-Regen, aber wenn es nass ist kann man natürlich auch keine Pampe reinschmieren, also lief es - wie blöd, dass wir erst jetzt von der Allzweck-Pampers erfahren hatten.
Meine Unterwäsche, die ich auf dem Weg nach Salacgriva (dem ersten lettischen Hafen) gewaschen hatte, wurde dann auch erst auf dem Weg nach Riga trocken, drei Tage später. Aber wir haben uns schon fast daran gewöhnt, dass es jeden Tag regnet und manchmal, damit es nicht langweilig wird, gibt es noch ein bisschen Gewitter-Party dazu - ich glaub der Herbst kommt.
Einmal quer durch Westeuropa - Wir werden Binnenschiffer
vor 10 Stunden
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